Nationalrat will Rechtsgrundlagen mit Behindertenrechtskonvention harmonisieren
Der Bundesrat soll die Widersprüche zwischen den geltenden Rechtsgrundlagen und dem Behindertengleichstellungsrecht inkl. Behindertenrechtskonvention analysieren und dokumentieren. Er soll Anpassungsmassnahmen skizzieren und ein systematisches Prüfverfahren entwickeln, damit die Vereinbarkeit unserer Rechtsgrundlagen mit dem Behindertengleichstellungsrecht kontinuierlich gewährleistet werden kann. Das fordert ein Postulat, dem der Nationalrat heute zugestimmt hat. Agile begrüsst diesen Entscheid. Mit einer Anpassung des Schweizer Rechts an die Behindertenrechtskonvention würden die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der Schweiz nicht länger beschnitten.
Mit dem Beitritt zur UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) hat sich die Schweiz verpflichtet, die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen. Im März 2022 kritisierte der zuständige UNO-Ausschuss die mangelnde Harmonisierung der Schweizer Gesetzgebung mit dem Übereinkommen und empfiehlt, den rechtlichen Rahmen mit der UNO-BRK in Einklang zu bringen.
Trotz Kritik sieht Bundesrat keinen Handlungsbedarf
In seiner Stellungnahme zum Postulat hält der Bundesrat fest, dass keine zusätzlichen Massnahmen nötig sind. Er verweist auf die von ihm formulierte Politik «zugunsten von Menschen mit Behinderungen» sowie auf Ziele und Massnahmen, die er aufgrund der Empfehlungen des UNO-Ausschusses formuliert habe.
Rechtsgrundlagen mit Lücken
Bis heute fehlen aber wesentliche Anpassungen des Schweizer Rechts wie beispielsweise bei den Bundesgesetzen über Ergänzungsleistungen (ELG) und die Invalidenversicherung (IVG) oder beim Bundesgesetz über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen (IFEG). Die Behindertenpolitik des Bundes und die entsprechenden Schwerpunktprogramme enthalten keine Hinweise auf eine Anpassung von Rechtsgrundlagen – abgesehen von der Erwähnung der Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG). Doch auch diese sieht gemäss dem Entwurf des Bundesrats keine Anpassung anderer Rechtsnormen vor (siehe Stellungnahme BehiG-Teilrevision von Agile).
UNO-BRK immer mitdenken
Ein systematisches Prüfverfahren bietet daher eine grosse Chance, rechtliche Lücken zu erkennen und gezielt und proaktiv anzugehen. Agile wünscht sich, dass die UNO-BRK künftig bei Gesetzes- und Verordnungsrevisionen immer mitgedacht wird.
Weitere Informationen
- Postulat 22.3815 Rechtsgrundlagen mit der Behindertenrechtskonvention harmonisieren