Assistenz leistende Angehörige werden weiter hingehalten
Nationalrat Christian Lohr (M-E/TG) reichte vor 11 Jahren eine parlamentarische Initiative ein, die fordert, dass Angehörige von Menschen mit Behinderungen für ihre Unterstützungsleistungen über den Assistenzbeitrag der Invalidenversicherung (IV) zu maximal 80% entschädigt werden. Obwohl die beiden zuständigen Kommissionen dem Vorstoss zugestimmt haben, wurde noch kein Erlassentwurf ausgearbeitet. Nun hat der Nationalrat beschlossen, die Umsetzung weiter hinauszuzögern. Zumindest am Entscheid für die Entschädigung von Angehörigen wird aber nicht gerüttelt.
Mit dem im Jahr 2012 eingeführten Assistenzbeitrag der IV können Menschen mit Behinderungen, die eine Hilflosenentschädigung erhalten, Assistent*innen anstellen und dadurch grundsätzlich ein selbstbestimmtes Leben zu Hause führen.
Angehörige ausgeschlossen
In der UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) ist zwar das Recht verankert, dass Menschen mit Behinderungen die Personen, die sie unterstützen, frei wählen können (Art. 19 sowie General Comment Nr. 5 zu Art. 19). Angehörige – Eltern, Kinder, Grosseltern oder Lebenspartner*innen – können sie bisher aber nicht anstellen, obwohl diese in vielen Fällen einen grossen Teil der Unterstützungsleistungen übernehmen. Nicht selten müssen Angehörige im Beruf zurückstecken und nehmen dadurch finanzielle Einbussen auch im Hinblick auf ihre soziale Absicherung in Kauf. Das soll sich mit der Umsetzung der parlamentarischen Initiative ändern.
Verbesserungen dringend nötig
Agile und InVIEdual bedauern die Verzögerung. Gleichzeitig sind wir erleichtert, dass das Geschäft nicht abgeschrieben wurde. Agile setzt sich seit Jahren für die Stärkung der Assistenz und Verbesserungen beim IV-Assistenzbeitrag ein – unter anderem durch die Gründung von InVIEdual, dem Branchenverband von Menschen mit Behinderungen, die mit Assistenz leben.
Wir begrüssen auch die Bestrebungen der SGK-N, das Geschäft im Zusammenhang mit weiteren Massnahmen zur Förderung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu betrachten (siehe Bericht vom 1.9.2023). Die Umsetzung darf deswegen aber nicht nochmals auf die lange Bank geschoben werden, sondern muss innerhalb der zweijährigen Fristverlängerung abgeschlossen sein.