Ich bin Saphir

Ableismus wirkt oft sehr subtil, da er von der inneren Haltung abhängt. Er durchdringt aber alle unsere Lebensbereiche und wird oft viel zu spät erkannt, nämlich dann, wenn Menschen mit Behinderungen effektiv bedroht und verletzt werden.

Ich bin vielmehr als meine Behinderung, auch wenn oft versucht wird, mir was anderes einzureden.

Die Objektivierung (auch eine Form von Ableismus) von uns Menschen mit Behinderungen führt zur Entmenschlichung und dazu, dass wir zu einer Projektionsfläche für mit Behinderung verbundenen Ängsten werden. So ist das Eintreten in einen Dialog mit Menschen ohne Behinderungen unmöglich und damit auch die vollwertige Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft.

Ableismus und Sexismus

Wir Frauen mit Behinderungen sind zusätzlich von Sexismus betroffen (auch eine Form der Objektivierung). Wann immer es dem Gegenüber beliebt, werden wir auf unser Geschlecht oder unsere Behinderung reduziert, je nach dem, was gerade besser ins Mindset passt. Diese Haltung führt dazu, dass Frauen mit Behinderungen nicht ernstgenommen und zum Kind gemacht werden. So bleibt uns das Recht auf Selbstbestimmung verwehrt. Leider ein Recht, dass nur das Gegenüber geben kann, wenn es durch das System behindert wird.

So sind wir auch 10-mal häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen als Frauen ohne Behinderungen. Wir sind psychisch stärker belastet, da wir immer gegen eine Wand aus Ableismus und Sexismus ankämpfen müssen und wir haben weniger Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben und Partizipation im demokratischen System.

Wie ich damit umgehe

Ich versuche, meine persönlichen Erlebnisse nicht durch meinen Aktivismus zu relativeren. Sie sind passiert, sie sind scheisse und mit entsprechender Hilfe versuche ich, damit umzugehen. Ich lebe mit dem Mindset, dass nichts, was ich tue, die Vergangenheit ändert, und auf die Zukunft habe ich keinen Garantieschein erhalten. Das nimmt mir den Druck, die Welt ändern zu müssen und gibt mir die Kraft, es doch zu versuchen.

Zudem habe ich einen kleinen Kreis an Leuten, denen ich extrem vertraue. Werden die Probleme zu gross, mache ich meine Welt kleiner und ziehe mich in meinen Kreis zurück. So werde ich immer daran erinnert, dass ich ein Mensch bin, auch wenn mir das Menschsein oft abgesprochen wird.

Ich glaube auch, dass es wichtig ist, sich nicht zu seiner Behinderung zu machen. So reduziert man sich selbst auf das, was ableistische Menschen wollen. Ich lasse diese Menschen nicht mietfrei in meinem Kopf wohnen.

Tipps: Mein Rat für Sie

Wichtig ist die Selbstreflexion in der Kapazität, die möglich ist. Versuchen Sie, den Ableismus nicht zu internalisieren. Holen Sie sich in diesem Reflexionsprozess Hilfe von einem Peer oder von professioneller psychologischer Seite, sodass Sie die Facetten Ihrer Persönlichkeit nicht verlieren. Denn Behinderung ist nur ein Teil davon, auch wenn dieser Teil einschneidend sein mag.

Beim Austausch mit anderen Menschen mit Behinderungen erkennt man schnell, dass Ableismus kein individuelles, sondern ein systemisches Problem ist. 

Wir Menschen wachsen nicht linear. Es wird immer Rückschritte geben und sie sind nur ein Teil der Reise zu euch selbst.

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